Kremayr & Scheriau
Wien 2020
Das ansprechend gestaltete zweite Buch von Martin Peichl mutet wie eine gekonnte Fortsetzung seines Debüts „Wie man Dinge repariert“ an. Flanierte der Autor in seinem ersten Buch bei allem Tiefgang von einem Themenkreis zum nächsten, streifte Beziehungen, Erinnerungen, sich selbst – so ist es hier, in diesem zweiten Buch, trotz des Kapitelreichtums und der optischen Ergänzung in Form von Bierdeckelnotizen, ein noch deutlicheres „In-Die-Tiefe-Gehen“, ein mit poetischen Händen in der Erde „Wühlen“, ein „Graben, Einsinken“ mithin.
Martin Peichl stellt sich diesmal noch sichtbarer als im ersten Buch innerseelischen und weltlichen Befindlichkeiten und Ereignissen, die privaten und politischen Bereiche durchkreuzen einander, sodass es schmerzt; weil sich die jeweilige Gefühlslage, die Turbulenzen, denen sich der Ich-Erzähler literarisch aussetzt, gewissermaßen zeitgleich auf die/den LeserIn übertragen. Die Texte schwingen in konsequent übersetzten Gefühlszuständen.
Wieder greift der Autor Beziehungen, Auswüchse des Zeitgeists, Alkoholismus, Kindheitserinnerungen auf; mehr noch, er holt auch jene Sphären in den Text, die ungreifbar sind, obgleich die dahinter liegenden Themen (etwa die Suche nach einer möglichen Verwurzelung) schwer wiegen. Besonders berührend in diesem Zusammenhang: Die auratischen Fotografien aus den Kindheitstagen des Autors, die beinahe wie Kirlian-Fotos anmuten, weil sie Unsichtbares spürbar machen: Lücken, eine große Einsamkeit.
Ein Buch, das formenreich ist, spannend wie ein Krimi und das Wesentliche im menschlichen Leben vollkommen frei von Outriertheit spiegelt.
Petra Ganglbauer
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