Bibliothek der Provinz
Weitra, 2021
Mit der „Tiefe der Zeit“ liegt uns ein wunderbares kleines Buch über große Lebensgefühle vor. Die Tiefe der Zeit besteht aus zwei großen Lebenskapiteln, Kindheit und Alter. Oder Geborgenheit und Verlorenheit. Oder aber auch die ersten und die letzten Dinge. In einem poetischen Bogen führt uns Petra Ganglbauer in nur zwei Texten, „zwei langsame Geschichten“ nennt sie diese im Untertitel, die Möglichkeiten eines ganzen Lebenszeitraumes vor: „Die Tiefe der Zeit“ handelt von der ersten, beinahe un/unterbewussten sinnlichen Erfahrung des Geborgenheitsgefühls, Wärme, flirrender Luft und Verortetsein im Schoß der Großmutter: „Das Kind schwebte förmlich in diesem Schoß und dieser Schoß schnitt jeden Schmerz aus der Hitze des Sommers“ und führt mit „Entgrenzung“ in den Zustand des Verlorenseins, des Herausgefallenseins: „Sie sucht das Zeichen, die Stimme, seine Stimme./ Sie findet ihn im Zeichen:/ in den Ameisen – jeden Tag am frühen Morgen….“ Das Individuum wird zum Suchenden. Desorientiertheit, Entgleiten der Kontrolle sind nun die dominanten Faktoren. Eine neue Suche nach Verständnis und Geborgenheit übernimmt das Wahrnehmungsfeld und evoziert bei den Lesenden ein gewisses Unwohlsein. Die Frage nach Entwicklung bzw. Auflösung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten schiebt sich in den Vordergrund.
Auf etwas mehr als 70 Seiten schafft Petra Ganglbauer schriftliche Miniaturbilder, kleine fotografische Einblicke, serielle Clips mit nuancierter Verschiebung. Eingeschrieben ist den Texten auch das Mann-Frau-Beziehungsgeflecht, zwischen dem Ich, dem Sie und Er entsteht ein Vexierspiel. Gedankenfragmente, welche durch das Buch mäandern schlussendlich so etwas ergeben wie eine Ahnung von einem möglichen Leben: „Als ob all die Körperschwere, die Erdenschwere Einbildung wäre“.
Erika Kronabitter
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