visionen und versionen
Edition CH
Wien 2006
Dieses Buch zieht die Lesende (den Lesenden) in seinen Bann. Es ist von einer solch atmosphärischen Dichte, wie sie synästhetische Kompositionen innehaben. Fritz Widhalm spielt aber auch bewusst mit der Trivialität, die an schlechte Heimatromane erinnert.
Wir werden hinein- und hinuntergezogen in tief Vergrabenes innerhalb der Psyche (das, was in den untersten Schubladen lagert), an Kindheit und Pubertät erinnert (diese verqueren, vertrackten Mischungen aus Unausgegorenem, Schamhaftem, Neugierigem, Banalem, Unfertigem; all das in einer Zusammenschau, die eine Eigengesetzlichkeit hat, eine Sogwirkung aus Lust und Laster.)
Der jugendliche Ich-Erzähler ist flankiert von immer denselben Personen (Großmutter; Mädchen; Herr Martin; Emma, die Lokomotivführerin…); denselben Tieren (tiefschwarze Kolkraben…); denselben Orten (Wiese.Wiese.Wiese… Das kleine Klosett am Ende der finsteren Zughaltestelle…). Dementsprechend stringent ist das Setting.
Innerhalb dieses abgesteckten Rahmens brodeln die jugendlichen Gefühle; sie schwappen nie ganz über.
Dem Autor gelingt es, jene Dosis herzustellen, wie sie symptomatisch für pubertäre Empfindungen ist: einerseits die Sehnsucht danach, endlich überzulaufen. (Wie ein überhitzter Wassertopf.) Andererseits aber auch diese Hemmung, es dann auch tatsächlich zuzulassen.
Visionen, der erste Teil des Buches, ist nahe am jugendlichen Duktus. Versionen ist schnittiger, erwachsener, kontrollierter.
Ansprechend auch die Zeichnungen des Autors, die dieses Hinüberkippen in das Heimatliche, Lauhwarme, Triviale noch unterstreichen.
Petra Ganglbauer
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