Bernd Schuchter: Der Braumüller Verlag und seine Zeit

235 Jahre – eine Verlagschronik 1783 – 2018

Braumüller
Wien 2018

braumueller_chronikEs ist viel die Rede von Literatur, es ist oft die Rede von Autorinnen und Autoren bzw. deren Werken, was jedoch Seltenheitswert hat, ist die Auseinandersetzung mit einer Verlagsexistenz über 235 Jahre:
„Am Vorabend der französischen Revolution sucht der aus Salzburg stammende Johann Ritter von Mösle in Wien um eine Konzession für ein Verlags- und Sortimentsgeschäft an, die er am 26. März 1783 auch erhält. Das ist der Beginn einer mittlerweile 235-jährigen Geschichte, auf die der seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts unter dem Namen Wilhelm Braumüller firmierende Verlag zurückblicken kann.“

Der Autor, Verlegen und Historiker Bernd Schuchter hat sich an die akribische und zugleich im besten Sinn unaufdringliche Recherche gemacht und eine mit wunderbaren fotografischen Aufnahmen illustrierte und ästhetisch aufgemachte Verlagschronik zusammengestellt, die einerseits das Gesellschaftsgeschehen über beinahe zweieinhalb Jahrhunderte aufrollt und andererseits eine Schau auf die spezifische Entwicklungsgeschichte des Braumüller-Verlags selbst eröffnet.
Bernd Schuchter zeichnet den Entwicklungsweg des Verlages im Spiegel der jeweils aktuellen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse sowie des Literaturbetriebs.

Angesprochen werden auch Tendenzen im Verlagsgeschehen überhaupt:
Beispielsweise „der“ beinahe zeitlose „Kampf der Autoren um eine angemessene Honorarabgeltung“ oder im Speziellen die „wienerische Anbiederung der Verleger an Kunden“, ein Zitat des legendären Gründerzeitverlegers Kurt Wolff, der u.a. Franz Kafka, Georg Trakt oder auch Gottfried Benn herausgab.
Ebenso behandelt werden die technischen Entwicklungen, das je nach politischer Lage wechselnde Leseverhalten, Zensurgehabe, die Auswirkungen der amerikanischen Unterhaltungsindustrie und schließlich auch die Findigkeit Braumüllers:
„Die Wilhelm Braumüller Verlagsbuchhandlung wurde jedenfalls kurz nach den Revolutionswirren im Jahre 1849 zum alleinigen Buchhändler für die neu geschaffene Akademie der Wissenschaften.“
Die Mechanismen des Nationalsozialismus machten auch vor dem Braumüller Verlag nicht Halt. Der Verlag fand sich „in diesen Jahren in widrigen Gewässern, intellektuell gesehen in stürmischer See.“

Hoffnungsfroh macht die aussagekräftige Schlusssequenz des Buches, in der der Verleger Wilhelm Braumüller fiktiv dem idealen Leser begegnet und zu ihm sagt:
„Es geht am Ende nicht nur um den Verkauf. Es geht um die Leserin, den Leser. Es geht um das Buch.“

Ein empfehlenswertes Buch, das auch aus einem idealistischen Gestus heraus gemacht ist.

Petra Ganglbauer

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